Christine Berndt
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Brief der Jüdin
Videoprojektion / pal 4:3 / 160 min
Teil 1 der Werkgruppe „Stalingrad war mein Wiegenlied“

2005 Gruppenausstellung „Das Unfassbare“, 2yk Galerie, Kunstfabrik am Flutgraben, Berlin
2006 Gruppenausstellung „The inconceivable“, St. Paul Street Gallery, Auckland University of Technology, Neuseeland
2007 Gruppenausstellung, Teheran/Iran (aus politischen Gründen Teilnahme vor Ort durch die Galerie abgelehnt)
2009 Ausstellung der Nominierten für das Märkische Stipendium für Bildende Kunst
2010, Städtische Galerie Iserlohn
2012 Ausstellung „manchmal ist noch alles danach...“, Galerie weißer Elefant, Berlin

In dem mir zur Verfügung gestellten Nachlass von Dr. Gunhild Korfes, Tochter des Wehrmachtsgenerals Dr. Otto Korfes, fand ich einen Brief, dessen Umschlag mit “Brief der Jüdin, in Vatis Nachlaß gefunden“ bezeichnet war. Der fünfeinhalb Schreibmaschinenseiten umfassende Brief beschreibt den Holocaust in der Region Tarnopol von 1943-1944. Gerichtet ist der Brief an „Meine Lieben“. Er trägt keine Unterschrift. Das letzte Wort ist „Rache“.

Nach einer umfangreichen Recherche konnte ich herausfinden, dass dieser Brief (im Original 12 handschriftliche Seiten umfassend) von einer Salomea (Shlomit Rahel) Ochs, geb. Luft verfasst wurde. Sie selbst überlebte den Holocaust nicht, jedoch ihr Bruder, der 1954 Yad Vashem eine Kopie des Originals überließ. Die Schreibmaschinenkopie des Briefes gelangte über einen Oberst Abel an Dr. Korfes und in der Nachfolge zu seiner Tochter.

Für die Arbeit ließ ich den Brief der Jüdin von verschiedenen Personen lesen. Dazu suchte ich sie in ihren Wohnungen auf und bat sie, sich einen geeigneten Platz zum Lesen eines längeren Briefes zu suchen. Allen ProtagonistInnen war bewusst, dass sie einen Brief vor laufender Kamera und mit angeheftetem Mikrofon lesen würden. Über den Inhalt des Briefes war ihnen im Vorfeld nichts bekannt. Während des Lesens ließ ich sie allein im Raum. Der Brief sollte von ihnen leise gelesen werden, ohne Worte laut auszusprechen.

Die Arbeit zeigt in einer großen Projektion nacheinander 8 Personen ein- und denselben Brief lesend. Über den Inhalt des Briefes erfährt man nichts. Über die Soundanlage hört man lediglich die beim Lesen verursachten Geräusche.
Während die Lesenden über den Brief in die Rezeption deutsch-jüdischer Vergangenheit gezwungen werden, erahnt der Betrachter an den Gesichtern und der sich minimal verändernden Haltung der Lesenden den Bedeutungsgehalt des Briefes.
Der Titel der Arbeit verweist auf die jüdische Herkunft des gelesenen Textes.
Auf einem Lesepult, in der Nähe der Projektionswand, liegt eine Kopie des Briefes aus. Hier besteht die Möglichkeit, den Text einzusehen.